21.12.18: Herzklappenersatz: Bundesweites Register zur Qualitätssicherung nutzt Patienten sowie herzmedizinischer Wissenschaft und Forschung
GARY lautet die englische Abkürzung für das Deutsche Aortenklappenregister (German Aortic Valve Registry), einem wissenschaftlichen Gemeinschaftsprojekt der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) und der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e. V. (DGK), gefördert von der Deutschen Herzstiftung. Oberstes Ziel des Registers: Die Qualität der Behandlung von Patienten mit operationsbedürftigen Aortenklappenerkrankungen zu sichern, den Einsatz neuer Therapieverfahren wissenschaftlich zu begleiten und insbesondere wichtige Erkenntnisse zur besseren Lebensqualität der Betroffenen beizutragen.
„Die sogenannte Aortenklappenstenose gehört zu den häufigsten erworbenen Herzklappenerkrankungen und bezeichnet eine Verengung dieser Herzklappe, vornehmlich hervorgerufen durch den altersbedingten Verschleiß“, erklärt Herzchirurg Dr. Andreas Beckmann, Geschäftsführer der DGTHG. „In Abhängigkeit von dem Patienten, seinen Begleiterkrankungen sowie weiteren Faktoren, kann die erkrankte Aortenklappe mit konventionellem oder minimalinvasiven Zugangsweg unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine oder kathetergestützt ersetzt werden. Durch das Deutsche Aortenklappenregister können kurz-, mittel- und langfristige Erkenntnisse gewonnen werden, um die Wirksamkeit, den Nutzen und die Erfolge beider Verfahren zu bewerten um damit die Sicherheit für die betroffenen Patienten weiter zu erhöhen.
Neben der Patientensicherheit im Kontext der Behandlungsqualität ist insbesondere auch die Steigerung der Lebensqualität der Patienten ein wesentlicher Aspekt.“
Die erste kathetergestützte Aortenklappenimplantation (TAVI – transcatheter aortic valve implantation) im Jahr 2002 durch Cribier eröffnete eine neue Behandlungsoption. Für multimorbide Hochrisikopatienten ist diese Therapiemethode eine Alternative zum Goldstandard dem „konventionellen herzchirurgischen Aortenklappenersatz“ (AKE), bei der zunächst die (alte) verengte Aortenklappe mit einem Ballon in die Wand gepresst, eine zusammengefaltete Herzklappenprothese mit Hilfe eines Katheters an die Stelle der alten Klappe vorgeschobenen wird, um dort nach korrekter Platzierung entfaltet zu werden,. „Meist wird der Katheter über die Leistenarterie und Aorta bis zum Herz vorgeschoben (transfemoral). Alternativ kann der Katheter auch über die Herzspitze eingeführt (transapikal) werden“, erklärt Dr. Beckmann.
Seit Jahren steigt die Anzahl der kathetergestützten Verfahren bundesweit; im Jahr 2017 wurden in Deutschland ca. 10.000 herzchirurgische Aortenklappenersätze (AKE) und etwa 19.000 kathetergestützte Aortenklappenimplantationen (TAVI) zur Behandlung von erworbenen Aortenklappenerkrankungen durchgeführt. „Die sorgfältige wissenschaftliche Dokumentation umfasst Informationen zu Symptomen, Begleiterkrankungen, Angaben zum Gesundheitszustand, zur Indikationsstellung, zum genauen Verlauf vor, während und nach dem Eingriff und auch zu den verwendeten Herzklappenprothesen. Dies umfasst nicht nur das persönliche Befinden und die Lebensqualität, sondern auch mögliche Komplikationen. Dies eröffnet die Möglichkeit, den Nutzen und die Risiken der zur Verfügung stehenden Verfahren evidenzbasiert abzuwägen und klare Kriterien für den Einsatz der unterschiedlichen Behandlungsverfahren zu erarbeiten, im Einklang mit den nationalen und internationalen Leit- und Richtlinien.
„Die Dokumentation erfolgt freiwillig und mit ausdrücklicher Einwilligung jedes einzelnen Patienten, erklärt Dr. Beckmann. Sicherlich ist ein großer Pluspunkt von GARY, dass wir engmaschig nachfassen und die Patienten auch nach einem, drei und fünf Jahren nach der Behandlung persönlich zu Ihrem Gesundheitszustand befragen.“
Wie wichtig hier die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist, zeigt sich nicht nur in den Ergebnissen von GARY, sondern hat auch Einzug in die aktuellen medizinischen Leitlinien gefunden in denen die Zusammenarbeit im sogenannten Herz-Team – im Kern bestehend aus Herzchirurgen, Kardiologen und Anästhesisten – empfohlen wird. „Dank des Registers und der weiterer gesundheitspolitischer Maßnahmen sind in Deutschland vorbildliche Strukturen zur Behandlung von Patienten mit Aortenklappenerkrankungen etabliert worden. Seit 2018 fokussiert das Register auf die Erfassung ausgewählter Patientengruppen, bei denen insbesondere die langfristige Funktion und Haltbarkeit der implantierten Aortenklappenprothesen genauer untersucht und die Langzeitnachverfolgung der Patienten um weitere Jahre erweitert werden soll. Das aktuell in Planung befindliche Deutsche Implantateregister könnte neben der Erfüllung des gesetzlichen Auftrags das Deutsche Aortenklappenregister sinnvoll unterstützen und durch geeignete Maßnahmen auch einen wesentlichen Beitrag zur Förderung von Wissenschaft und Forschung leisten“ so Dr. Beckmanns Fazit.
21.12.18: Europäische Leitlinie 2018 zeigt: Bypass-Versorgung für Patienten mit schwerer Koronarer Herzkrankheit (KHK) empfehlenswert
dpa Themendienst
Europäische Leitlinie 2018 zeigt: Bypass-Versorgung für Patienten mit schwerer Koronarer Herzkrankheit (KHK) empfehlenswert
In Deutschland und den westlichen Industrieländern gehören die Herz-Kreislauferkrankungen zu den häufigsten Erkrankungen. Hierzu zählt auch die Koronare Herzkrankheit, kurz KHK. Hauptursache der KHK ist die Arterienverkalkung, die zu relevanten Verengungen der Herzkrankgefäße führt. Folglich ist die Durchblutung des Herzmuskels eingeschränkt; es kommt zur Sauerstoff- und Nährstoff-Mangelversorgung des Herzens. Als Beschwerden treten Angina Pectoris (Herz-/Brustenge), Herzrhythmusstörungen, Herzschwäche und der Herzinfarkt auf. Um die Durchblutung wiederherzustellen, gibt es die operative Therapie des aortokoronaren Bypasses (ACB) mit Überbrückung der Gefäßengstelle, quasi eine herzchirurgisch angelegte Umgehungsstraße bzw. Überbrückung, oder das interventionelle Verfahren mittels Herzkatheter (PCI) bei dem eine Gefäßstütze an der Engstelle entfaltet wird die das betroffene Gefäß offen halten soll.
Die jüngst in München vorgestellte Leitlinie der medizinischen Fachgesellschaften ESC (Europäische Gesellschaft für Kardiologie) und EACTS (Europäische Gesellschaft für Herz-Thorax-Chirurgie) zur invasiven Behandlung der KHK, geben nach Bewertung vieler Studienergebnisse eine eindeutige Empfehlung (IA) für die Koronare Bypass-Operation, wenn Patienten eine komplexe Erkrankung, sogenannte 3-Gefäß-Erkrankung*, aufweisen, bei der die Verkalkung der Arterien sehr ausgeprägt ist. Ebenso gilt die herzchirurgische Bypass-Operation als sogenannter „Goldstandard“, wenn eine Verengung im Ursprungsbereich der linken Herzkranarterie, eine sogenannten Hauptstammstenose, vorliegt. Für Patienten mit bestimmten Begleiterkrankungen wie dem Diabetes mellitus ist ebenfalls die Bypass-Operation empfehlenswert.
„Mit den etablierten herzchirurgischen Verfahren besteht seit Jahrzehnten eine hervorragende Methode der Myokardrevaskularisation, also der Möglichkeit, die Durchblutung der Herzkranzgefäße wieder herzustellen – und das unabhängig vom Alter als insbesondere auch im Hinblick auf das langfristige Überleben der Patienten“, betont Privatdozent Dr. Wolfgang Harringer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG). Patienten müssen daher in Ihrer Entscheidungsfindung Herzchirurgen und Kardiologen begleitet und beraten werden und die Therapieempfehlung stets auf Grundlage der Empfehlung des sog. interdisziplinären Herz-Teams erfolgen – ein ebenfalls in den Leitlinien vorgesehenes Procedere.
*Aktuell publiziert in Circulation am 18. Dezember 2018, einem englischsprachigen, international anerkannten medizinisch-wissenschaftlichen Fachjournal – unter dem Titel „Myocardial Revascularization Trials“ in dem der Kontext und die Evidenz zur Bypassoperation und auch PCI reflektiert werden.
15.11.18: Mobile Herz-Lungen-Maschine ermöglicht akute Notfallversorgung von Herzpatienten vor Ort und einen sicheren Transport
Klein, kompakt und transportabel – die mobile Herz-Lungen-Maschine (HLM) ermöglicht schnelle und kompetente Notfallversorgung von Patienten mit akutem Herz- und Lungenversagen. Im Vergleich zu Herz-Lungen-Maschinen (HLM) bei Herzoperationen, die ca. 200 Kilo wiegen und einen komplexeren Aufbau haben, passt die mobile Variante in den Rettungs- oder Notarztwagen und Hubschrauber.
„Bei Patienten mit einem akut fortschreitenden Herz-Kreislauf- und/oder Lungenversagen mit der Notwendigkeit der Verlegung respektive des Transportes in eine Fachabteilung mit sogenannter Maximalversorgung, haben wir dank dieses technischen Fortschritts die Möglichkeit, Schwerstkranke besser vor Ort zur versorgen“, erklärt Frank Münch von der Deutschen Gesellschaft für Kardiotechnik e.V.
Unabdingbare Voraussetzung: Kardiotechniker, Intensiv-mediziner, Herzchirurgen und speziell geschulte Einsatzkräfte, müssen adäquat ausgebildet sein, damit das künstliche Herz-Kreislaufunterstützungssystem kompetent implantiert, gesteuert und überwacht werden kann. „Hier arbeiten Herzchirurgen, Notfallmediziner, Anästhesisten und Kardiotechniker Hand in Hand“, so Dr. Andreas Beckmann, Herzchirurg und Geschäftsführer der DGTHG.
In Deutschland sind regelmäßig mobile HLM im Einsatz. Jährlich werden so hunderte Patienten akut versorgt und transportiert. „Wir sehen hier für die Kardiotechniker eine große Verantwortung und setzen bei Patientenversorgung und Patientensicherheit auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit“ heißt es bei der DGfK weiter.
Die 47. Internationale Jahrestagung und 10. Tagestagung der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie in Wiesbaden ist daher wichtige Plattform für den fachlichen und kollegialen Austausch. In diesem Rahmen findet am 25. November ein Thementag mit dem Fokus „Versorgung und Transport schwerkranker Patienten“ statt (9.00 bis 12.30h; RheinMain CongressCenter Wiesbaden).
09.10.18: Herz-Lungen-Maschine seit 65 Jahren erfolgreich im Einsatz
„Jährlich werden bundesweit ca. 100.000 Herzoperationen durchgeführt, davon allein rund 77.000 unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine“, erklärt Herzchirurg Dr. Andreas Beckmann, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie. „Dank der Herz-Lungen-Maschine sind seit nunmehr 65 Jahren Herzoperation möglich, die zuvor nahezu undenkbar waren. Das komplexe Medizingerät ermöglicht die Verlagerung der Herz- und Lungenfunktion außerhalb des Körpers.“
Dabei ersetzt die Herz-Lungen-Maschine (HLM) sowohl die Pumpfunktion des Herzens als auch die lebensnotwendige Sauerstoffanreicherung (=Oxygenierung) des Bluts wie auch die Gasaustauschfunktionen der Lunge, und ermöglicht so, dass das zuvor stillgelegte Herz operiert wird. Während der Operation wird die HLM, die in unmittelbarer Nähe zum Operationstisch steht, von einem speziell qualifizierten Kardiotechniker bedient. „Abgesehen von den genannten Hauptfunktionen, kann über die HLM auch die Körpertemperatur des Patienten kontrolliert gesenkt werden, was für einige Eingriffe am Herzen zwingend notwendig ist, um das Herz, und auch die übrigen Organe, vor Schäden zu bewahren“, erklärt Dr. Beckmann. „Das Wesentliche ist, dass das eröffnete Herz vollständig aus dem Kreislauf ausgeschaltet sein muss, um die Operation überhaupt zu ermöglichen.“
Der amerikanische Herzchirurg John Gibbon wandte 1937 die erste HLM an, wobei es ihm gelang, das Blut aus einer ins Herz mündenden Hohlvene in einen sogenannten Oxygenator umzuleiten, dort das Blut mit Sauerstoff anzureichern und sauerstoffeiche Blut wieder in den Körper zurück zu führen. Als Durchbruch für die Herzchirurgie galt seine erstmals 1953 durchgeführte Herzoperation, bei der die HLM 45 Minuten die totale Herz-Kreislauf-Funktion der Patientin übernahm.
An der ersten offenen, in Deutschland durchgeführten Herzoperation 1958 in Marburg durch Prof. Rudolf Zenker, war Prof. Hans Georg Borst, einer der Gründungsväter der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie, maßgeblich beteiligt und bediente u.a. die Herz-Lungen-Maschine. „Das war ein entscheidender und revolutionärer Durchbruch für die gesamte Herzchirurgie“, so der Träger der Paracelsus-Medaille.
„Heute findet die HLM bei einer Vielzahl von Herzoperationen ihre Anwendung wie zum Beispiel bei der Reparatur oder dem Ersatz von Herzklappen, der koronaren Bypass-Operation, der Korrektur angeborener Herzfehler, dem Ersatz der Hauptschlagader oder bei Herz- und Lungentransplantationen“, erläutert Dr. Beckmann.
05.10.18: Schlag für Schlag – vor 60 Jahren wurde der erste Herzschrittmacher implantiert. Damit begann eine der größten Erfolgsge-schichten der modernen Herzmedizin.
Die kleinen künstlichen Taktgeber des Herzens haben die Herzmedizin revolutioniert: Vor 60 Jahren implantierte der schwedischen Herzchirurg Åke Senning den ersten Herzschrittmacher (HSM) zur Behandlung eines jungen Patienten, der aufgrund einer zu langsamen Herzschlagfolgemehrmals täglich ohnmächtig wurde. Heute sind die Aggregate der Herzschrittmachersysteme etwa so groß wie eine Armbanduhr, wiegen ca. 25 Gramm und kosten, in Abhängigkeit von der benötigten Funktion und systembezogenen Eigenschaften, 500 bis 3000 Euro. „Die Implantation eines Herzschrittmachersystems ist seit geraumer Zeit ein Routineeingriff, der in einer 30 bis 60minütigen Operation, fast immer in lokaler Betäubung, erfolgt“, erklärt Prof. Dr. Andreas Markewitz, Sekretär der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie. „In Deutschland wurden im Jahr 2017 nahezu 80.000 Herzschrittmacherssyteme eingesetzt und knapp 19.000 Aggregate ausgetauscht.“
Ein Schrittmachersystem besteht aus einem Impulsgeber (Aggregat), und mindestens einer Elektrode (Sonde), die den Impuls des Aggregats an das Herz weiterleitet oder herzeigene Signale – sofern vorhanden – dem Impulsgeber zurückmeldet. Dadurch wird die Koordination zwischen dem Herzschrittmachersystem und dem Herzen des Patienten ermöglicht, d.h. der Herzschrittmacher arbeitet nur, wenn der Herzschlag des Patienten zu langsam ist. In Abhängigkeit von der Beanspruchung des Herzschrittmachers muss im Durchschnitt alle neun Jahre das Aggregat in einem erneuten Eingriff ausgetauscht werden.
Der Herzschlag in Ruhe wird mit einer Frequenz von 60 bis 80mal pro Minute durch den natürlichen Taktgeber, den sogenannten Sinusknoten, vorgegeben. Der entstandene Impuls wandert zunächst vom Sinusknoten über Leitungsbahnen in den Vorhöfen zum sog. AV-Knoten, der am Übergang von den Herzvorhöfen zu den Herzkammern liegt. Von dort wird der Impuls über weitere Leitungsbahnen bis hin zu den Herzmuskelzellen der beiden Herzkammern übertragen. Dadurch wird ein koordinierter Ablauf der Herzmuskelaktivität und damit eine ausreichende Sauerstoffversorgung des Körpers durch den Blutkreislauf gewährleistet. Ist das Herz in seinem Rhythmus gestört, ist auch die Sauerstoffversorgung des Körpers nicht mehr gewährleistet. Der Herzschlag in Ruhe wird mit einer Frequenz von 60 bis 80mal pro Minute durch den natürlichen Taktgeber, den sogenannten Sinusknoten, vorgegeben. Der entstandene Impuls wandert zunächst vom Sinusknoten über Leitungsbahnen in den Vorhöfen zum sog. AV-Knoten, der am Übergang von den Herzvorhöfen zu den Herzkammern liegt. Von dort wird der Impuls über weitere Leitungsbahnen bis hin zu den Herzmuskelzellen der beiden Herzkammern übertragen. Dadurch wird ein koordinierter Ablauf der Herzmuskelaktivität und damit eine ausreichende Sauerstoffversorgung des Körpers durch den Blutkreislauf gewährleistet. Ist das Herz in seinem Rhythmus gestört, ist auch die Sauerstoffversorgung des Körpers nicht mehr gewährleistet.
„Schlägt das Herz wegen einer Störung des Impulsgebers oder einer Blockade der Leitungsbahnen zu langsam, wird dies medizinisch als Bradykardie bezeichnet“, erläutert Herzchirurg Prof. Markewitz.
Symptome wie Atemnot, Schwindel, Erschöpfung bis hin zur Bewusstlosigkeit können auftreten. Durch die Einpflanzung eines Herzschrittmachers wird die zu langsame Herzschlagfolge korrigiert, der Herzrhythmus kontinuierlich überwacht und, falls nötig, durch den Herzschrittmacher unterstützt. Etwa 40 Prozent aller Bradykardien sind auf Probleme mit dem Impulsgeber, dem sog. Sinusknoten, zurückzuführen. Weitere 40 Prozent bradykarder Herzrhythmusstörungen sind auf Störungen der Reizleitung zurückzuführen und rund 20 Prozent der Herzschrittmacher werden wegen Vorhofflimmerns mit langsamem Herzkammerersatzrhythmus, der sogenannten Bradyarrhythmia absoluta, implantiert.
Durch die Herzschrittmacherimplantation hat sich die Lebensqualität der betroffenen Patienten erheblich verbessert und die Gefahr, aufgrund einer zu langsamen Herzschlagfolge zu sterben, ist gebannt“, so Prof. Markewitz. „Patienten mit Herzschrittmachern führen üblicherweise ein völlig normales Leben, können nahezu allen Berufen nachgehen, die allermeisten Sportarten betreiben und auch reisen. Einen gut implantierten und eingestellten Herzschrittmacher wird der Patient im Alltag nicht bemerken. Es ist ratsam, den Herzschrittmacher einmal pro Jahr überprüfen zu lassen, und die Patienten sollten stets einen Herzschrittmacher-Ausweis bei sich tragen.“
28.05.18: Herzchirurg Prof. Hans Georg Borst erhält Paracelsus-Medaille
Im Rahmen des 121. Deutschen Ärztetages vom 8. bis 11. Mai 2018 in Erfurt wurde Prof. Hans Georg Borst die Paracelsus-Medaille verliehen – die höchste Auszeichnung der deutschen Ärzteschaft für verdiente Ärzte. Borst gilt als einer der Wegbereiter der modernen Herzchirurgie und herausragender Herzchirurg von internationalem Ruf.
Der 1927 geborene Münchener war einer der Gründungsväter der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie e.V.. „Die zunehmende Spezialisierung und Weiterentwicklung veranlasste uns, für dieses spezielle Fachgebiet eine Fachgesellschaft zu gründen, die sich Forschung, Lehre und Beratung auf die Fahnen schreibt“, erklärt Hans Georg Borst.
Der Harvard-Absolvent leistete bedeutende und bahnbrechende Beiträge in der Entwicklung von Herzklappen-, der Kinderherz- und Koronarchirurgie. An der ersten offenen Herzoperation 1958 in Marburg war der Bundesverdienstkreuzträger erster Klasse maßgeblich beteiligt und bediente u.a. die Herz-Lungenmaschine. Unter seiner Leitung avancierte die chirurgische Abteilung in Hannover zu einem der führenden Forschungsinstitute sowohl für Transplantationsmedizin als auch für die Aortenchirurgie. Die klinische und experimentelle Forschungstätigkeit in „Borsts Schule“ dokumentieren mehr als 400 Beiträge in Fachzeitschriften sowie zahlreiche Fachbücher und wissenschaftliche Publikationen, die er mitherausgegeben hat, darunter Standardwerke wie „Herzchirurgie“ der Kirschnerschen Allgemeinen und Speziellen Operationslehre.
Die DGTHG trauert um Professor Dr. med. Gerhard Ziemer
Am 11. November 2022 verstarb unser allseits geschätzter Kollege Professor Dr. med. Gerhard Ziemer plötzlich und völlig unerwartet im Alter von 69 Jahren.
Gerhard Ziemer wurde am 30.7.1953 geboren und legte 1972 in Bielefeld sein Abitur ab. Das Studium der Medizin schloss er 1978 an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel ab, wo er 1979 „Zur Ursache der verminderten Natriumretentionsfähigkeit von Ratten mit experimentellem Goldblatt-Hochdruck“ promovierte. Nach dem Abschluss seines Marine-Militärdienstes als wehrpflichtiger Arzt begann er 1980 seine Ausbildung zum Herz-, Thorax- und Gefässchirurgen an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) bei Prof. Dr. Hans Georg Borst. Dieser entsandte ihn von 1984 bis 1986 zu einer Residency an das Boston Childrens Hospital zu Prof. Dr. Aldo Castaneda. Entsprechend ausgebildet übernahm Gerhard Ziemer nach seiner Rückkehr an die MHH die operative Behandlung angeborener Herzfehler in der Nachfolge von Prof. Dr. Hellmut Oelert. Im Jahr 1993 habilitierte er sich „Zur Frage der koronararteriellen Oxygenierung unter verschiedenen Kanülierungsformen der veno-arteriellen extrakorporalen Membranoxygenation: ein in-vitro-Modell“. Kurz darauf wurde er als Nachfolger von Professor Dr. Hans-Eberhard Hoffmeister auf den Lehrstuhl für Herz-Thorax- und Gefässchirurgie an die Universität Tübingen berufen.
Seine besondere Leidenschaft galt stets der Behandlung angeborener Herzfehler in jedem Lebensalter, wofür er sich herausragend engagierte und Kollegen mit dem gleichem Interesse in Europa vereinte. Prof. Dr. Gerhard Ziemer war in diesem Kontext Gründungsmitglied der von ihm mitinitiierten ECHSA (European Congenital Heart Surgeons Association) und hat als ihr erster Präsident die DGTHG nicht nur in diesem Bereich international sichtbar gemacht. Im Jahr 2011 wechselte er von Tübingen an die Universität Chicago, wo er bis 2018 tätig war. Mit dem Erreichen des 65. Lebensjahrs wechselte er von dort für ein Jahr nach St. Petersburg in Florida und nahm schließlich eine Leitungsposition am Geisinger Heart Institute in Danville, Pennsylvania an, die er bis zu seinem unerwarteten Tod bekleidete.
Ein großes Anliegen war Gerhard Ziemer stets die Versorgung herzkranker Kinder in Ländern wie Peru, Georgien und Kazachstan, wohin er regelmäßig reiste um zu operieren, aber auch, um das dortige Personal auszubilden.
Gemeinsam mit Prof. Dr. Axel Haverich hat er 2010 das weit verbreitete deutschsprachige Standardwerk der Herzchirurgie seines Lehrmeister Hans Georg Borst aus dem Jahr 1991 vollkommen überarbeitet und neu aufgelegt sowie dessen Übertragung ins Englische verantwortet.
Die Deutsche Gesellschaft für Herz-, Thorax und Gefäßchirurgie trauert um ihr langjähriges und verdientes Mitglied. Sie wird Gerhard Ziemer ein würdiges Andenken bewahren.
Der Familie gilt unsere tief empfundene Anteilnahme.
03.04.2018: Sicherheit in Luftfahrt und Medizin: Pilot und Arzt im Dialog
Frankfurt Airport. In unmittelbarer Nähe zum größten deutschen Luftfahrtdrehkreuz liegt das Lufthansa Flight Training Center. Hier stehen insgesamt 20 Full-Flight-Simulatoren unterschiedlicher Flugzeugtypen zur Verfügung in denen künftige Airline-Piloten ausgebildet und erfahrene trainiert werden können. Rund 2,5 Millionen Euro kostet jedes dieser High-Tech-Geräte; 13 verschiedene Flugzeugmuster können realitätsnah simuliert werden. Im verbindlich festgelegtem Turnus müssen Piloten ihre Fähigkeiten und das notwendige Know-how nachweisen und potentielle Notfallsituationen üben, dies als obligate Voraussetzung für die Aufrechterhaltung Ihrer Fluglizenz. „Genau wie Ärzte oder Sprengmeister, gehören auch Piloten einer Hochrisiko-Berufsgruppe an“, erklärt Rolf Estrugo Eckstein, Testpilot bei der Deutschen Bundeswehr. „Wir tragen regelmäßig eine besondere Verantwortung und kleinste Fehler können weitreichende Folgen haben. Trainings, wie wir sie u.a. zwei Mal im Jahr im Simulator absolvieren müssen, schulen und sensibilisieren uns für vielfältige potentiell gefährliche Ereignisse.“
Während Piloten mögliche Notfälle durch Simulation trainieren, sind Notfallsituationen in einem Operationssaal an der Tagesordnung. „Notfall-Patienten in der Herzmedizin sind zumeist komplex erkrankt, lebensbedrohlich gefährdet und bedürfen einer sofortigen medizinischen Versorgung in unterschiedlichem Ausmaß. Trotz Standardisierung ist jeder Patient individuell zu behandeln“, erklärt Dr. Andreas Beckmann, Herzchirurg und Geschäftsführer der DGTHG (Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie). „Das Management von Notfallsituationen im OP muss daher differenziert trainiert werden. Hierzu bedarf es einer weitreichenderen Implementierung von geeigneten Simulations-Trainings, sowohl im Studium als auch im Rahmen der ärztlichen Weiter- und Fortbildung. Kritische Situationen dürfen nicht am Menschen, sprich am Patienten, geübt werden.“
Medizin und Luftfahrt können voneinander lernen. Mögen die Berufsausübungen noch so unterschiedlich sein, so sind für Piloten und Ärzten gleichermaßen Aspekte wie Teamarbeit, die Interaktion mit Instrumenten und Technik, Zeitmanagement, Ökonomie, Leistungsdruck und nicht zuletzt auch das hohe Maß an Verantwortung unmittelbar vergleichbar. In punkto verbindliche Kommunikation, gelebte Fehlerkultur und differenziertes Sicherheitsmanagement lohnt es, von den erfolgreichen Verfahren der Fliegerei zu lernen, geeignet zu adaptierten, um sie modifiziert im Krankenhaus anwenden zu können. Die bewährten sowie verpflichtenden Luftfahrt-Trainings, in die Medizin transferiert und ggf. weiterentwickelt, könnten die Sicherheit in der Patientenversorgung nachhaltig verbessern.
Fachleute im Cockpit und im Op: Von der Luftfahrt lernen
Dr. Andreas Beckmann, Herzchirurg und Geschäftsführer der DGTHG (rechts) mit Kampfjet- und Testpilot der Bundeswehr, Oberstleutnant Rolf Estrugo Eckstein im Flugsimulator A 320, Airport Frankfurt am Main
Fehlerkultur: Herausforderung, Management und Parallelen
Die Ursachen für Zwischenfälle und Fehler sind vielfältig. Stress, Personal- und Zeitressourcenmangel, arbeitszeitbedingte Überlastungen oder auch eingeschränkte bis hin zu fehlerhafter Kommunikation sind nur einige Aspekte, die Zwischenfälle und Fehler mitverursachen können. Fehler können ergo auf verschiedene Arten passieren: als kognitive Fehlleistung; in Folge eines falschen Handriffs, der zwar richtig „gedacht“, aber falsch ausgeführt wurde; in mangelnder Kenntnis oder in vollem Bewusstsein, was jedoch die absolute Ausnahme ist. Um Sicherheitsrisiken zu identifizieren und zu minimieren, die vom „Faktor Mensch“ ausgehen, hat die Luftfahrt u.a. verbindliche sowie standardisierte Checklisten eingeführt und das sogenannte Crew Resource Management (CRM) etabliert. Bei Letzteren werden regelmäßig wiederholend Aufmerksamkeit, Entscheidungsfindung, Führungsverhalten Kooperation und Kommunikation mit praxisbezogen trainiert.
Für die Medizin hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits im Jahr 2007 eine „Surgical Safety Checklist“ für die Patientensicherheit im Operationsbereich entworfen. Diese wurde zunächst weltweit in acht Kliniken unter Einschluss von Krankenhäusern der Primär- und Maxilmalversorgung evaluiert, mit dem Ergebnis, dass bei den eingeschlossenen Patienten eine signifikante Reduktion der Sterblichkeit (Letalität) von 1,5 auf 0,8 % und zudem eine signifikante Reduktion der Rate schwerer Komplikationen von 11 auf 7 % erzielt werden konnte.Für die Medizin hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits im Jahr 2007 eine „Surgical Safety Checklist“ für die Patientensicherheit im Operationsbereich entworfen. Diese wurde zunächst weltweit in acht Kliniken unter Einschluss von Krankenhäusern der Primär- und Maxilmalversorgung evaluiert, mit dem Ergebnis, dass bei den eingeschlossenen Patienten eine signifikante Reduktion der Sterblichkeit (Letalität) von 1,5 auf 0,8 % und zudem eine signifikante Reduktion der Rate schwerer Komplikationen von 11 auf 7 % erzielt werden konnte.
„In der Fliegerei existieren bereits seit den frühen Tagen der Luftfahrt Checklisten die über Jahrzehnte stets weiterentwickelt wurden. Die Geburtsstunde des Crew Ressource Management hingegen lässt sich auf den Anfang der 70iger Jahre datieren. Anlass war eine Flugzeugkatastrophe auf dem Flughafen Teneriffa, bei der zwei Jumbojets kollidierten und 500 Menschen ihr Leben verloren. Zu diesem Zeitpunkt wurde klar, dass menschliches Versagen weiterer systematischer Untersuchungen bedurfte“, erklärt Eckstein.
„In der medizinischen Versorgung muss stets die Patientensicherheit im Fokus stehen“, erläutert Beckmann. In diesem Zusammenhang sei eine differenzierte Fehlerkultur, wie sie bei der Luftfahrt praktiziert werde, ebenfalls wünschenswert, denn sie sei wichtiger Bestandteil eines Risikomanagementsystems und damit ein entscheidender Faktor, das potentielle Eintreten unerwünschter Ereignisse zu minimieren oder diese bestenfalls gänzlich zu verhindern.
Verbessertes Fehlermanagement für Medizin wünschenswert
Eine angemessene Fehlerkultur ist jedoch in der Medizin bislang nicht vollumfänglich etabliert. Während Piloten erkannt haben, dass das uneingeschränkte Eingeständnis und die geeignete Kommunikation von Auffälligkeiten bis hin zu Fehlern einen wünschenswerten übergeordneten wie auch situationsunabhängigen Lerneffekt haben, zeigen sich in der ärztlichen Profession deutliche Verbesserungspotentiale im Zusammenhang mit dem Fehlermanagement. „Fehler werden bei Piloten nicht bestraft, sofern weder Vorsatz noch Vertuschungsversuch vorliegen. Das Fehlermeldesystem gehört zur alltäglichen Routine“, erklärt Eckstein. Anders in der Medizin. Fehler-Kommunikation ist häufig verbindlich geregelt, die Umsetzung hingegen zumeist nicht konsequent und häufig auch sanktionsbehaftet. Erstmals hat das US-amerikanische Institute of Medicine 1999 in einem Artikel „To Err is Human“ (Irren ist menschlich) die Thematik Patientensicherheit und vermeidbare Behandlungsfehler in Hinblick auf Meldesysteme aufgegriffen, wie sie in der Luftfahrt zu damaligen Zeitpunkt schon eingesetzt wurden. Nach Einschätzung des Institutes erlitten zum damaligen Zeitpunkt rund 2,5 Prozent der stationär behandelten Patienten vermeidbare, behandlungsbedingte Gesundheitsschäden. Zur Verbesserung der Patientensicherheit sollte nach dem Vorbild der Luftfahrt für die Medizin das systematisch strukturierte „critical incident reporting systems“ (CIRS), zur potentiell anonymen Erfassung unerwünschter Ereignisse, einen präventiven Beitrag zur Reduktion / Vermeidung unerwünschter Ereignisse leisten.
„Bis heute werden Behandlungsfehler oft nur bedingt kommuniziert und häufig auch nicht differenziert analysiert“, so Beckmann. „In Abhängigkeit des Behandlungskontexts können Ärzten in bestimmten Situationen ohne kollegiales Pendant inadäquate Entscheidungen unterlaufen, die zu potentiellen Behandlungsfehlern führen. Zudem drohen – im Vergleich zu den Piloten – prinzipiell auch „Sanktionen unterschiedlichen Ausmaßes“ bis hin zur persönlichen zivil- oder strafrechtlicher Haftung. Dies führt zu einer zusätzlichen psychischen Belastung und ist bei sämtlichen Erwägungen in diesem Spannungsfeld zu berücksichtigen.“ In der Luftfahrt gilt Publizieren statt Sanktionieren. „Wir haben erkannt, dass die Auswertung der Fehler, deren Analyse und die daraus gewonnenen Erkenntnisse hilfreich für jeden Piloten sein können“, meint Eckstein.
Eine positive Fehlerkultur dient in erster Linie der (Patienten-) Sicherheit, wirkt sich gleichzeitig auch auf das Arbeitsklima aus, trägt zur Mitarbeiter-Zufriedenheit bei und hat letztlich auch einen Motivationseffekt. Im Cockpit dient das redundante System des Cross-Checks ebenfalls zur Sicherheit und Fehlervermeidung, bei dem standardisierte Listen konsequent abgearbeitet werden, um jeden Handlungsschritt grundsätzlich im „Zwei-Personen-Prinzip“ durchzuführen und unmittelbar zu überprüfen.
Auch im Operationssaal können Arbeitsschritte und Situationen unterschiedlich wahrgenommen und beurteilt werden. Ähnlich wie die beiden gleichberechtigten Piloten im Cockpit Instrumente und Anzeigen prüfen und „cross checken“, kann dies auch zwischen operierendem und assistierendem Arzt erfolgen, sofern dies in der Organisation vorgesehen ist und von den Beteiligten umgesetzt wird. Dies gilt für geplante also elektive Eingriffe und ist umso wichtiger in Notfallsituationen.
Einweisung durch den Fluglehrer
Oberstleutnant Thomas Leveling brieft die Piloten vor dem Training im Flugsimulator
Kommunikation als wichtiger Schlüssel zum Fehlermanagement
„Damit die Kommunikation untereinander klar, eindeutig und verständlich ist, sind standardisierte Feststellungen, Fragen und Antworten vorgegeben“, erklärt Eckstein. „Immer gehört die Bestätigung des Gesagten, also des Inhalts, dazu. In der Luftfahrt vertrauen wir uns gegenseitig unser Leben an. Von den Auswirkungen der Fehler können wir als Piloten direkt selbst betroffen sein und unter Umständen in Lebensgefahr geraten. Bei den Herzchirurgen hingegen sind Patienten die unmittelbar Betroffenen.“
Generell können Feedback-Tools nur erfolgreich sein, wenn die Kommunikation im Team ehrlich und hierarchieunabhängig stattfinden kann. Ein Team funktioniert exzellent, wenn die Struktur allen genau bekannt und akzeptiert ist, und gleichzeitig ein „Wir-Gefühl“ sowie grundlegendes Vertrauen vorhanden sind. „Der ranghöhere Pilot fragt den rangniedrigeren nach seiner Einschätzung“, erklärt Eckstein. Im Operationssaal ist der Herzchirurg verantwortlich; die Hierarchie unterschiedlich. „Es braucht die richtige innere Einstellung und etablierte Kommunikationsstrukturen, dem verantwortlichen Operateur zu vermitteln, dass ein OP-Schritt ggf. fehlerbehaftet ist. Man darf nicht darauf vertrauen, dass der „andere schon weiß, was er tut“; eine sanktionsfreie Kommunikation ist auch im Operationssaal geboten“, so Beckmann. Damit sind sicher nicht Diskussionen oder gar Debatten gemeint – diese dürfen weder im OP noch im Cockpit geführt werden.
Zum Kommunikationssystem gehört bei den Piloten obligat das Briefing, Debriefing und Feedback. In der Vorbesprechung werden alle wesentlichen Aspekte des unmittelbar bevorstehenden Fluges erörtert und abgestimmt. Die Nachbesprechung dient der rückblickenden Analyse wie auch dem fachlichen Austausch inkl. potentieller Fehlerbetrachtung. „Auch hier folgen wir einem festen Prozedere“, erklärt Eckstein. „Wir beginnen mit Lob, gefolgt von Kritik und enden wiederum mit einem positiven Aspekt. Sandwich-Methode nennt man das unter den Piloten.“
Vor- und Nachbesprechung ist wichtiger Bestandteil des Kommunikationssystems:
Oberstleutnant Rolf Estrugo Eckstein, Oberstleutnant Oliver Lenz und Dr. Andreas Beckmann (v.l.n.r.)
Im Notfall richtig Handeln
Ob im Operationssaal oder im Cockpit – ein Notfall ist eine Ausnahmesituation und stellt Piloten wie Herzchirurgen vor besondere Herausforderungen. Die Luftfahrt trainiert das Notfallprozedere mit einem festgelegten Prozedere, kurz als FORDEC benannt.
Simulierter Druckabfall im Flugzeug
Oberstleutnant Rolf Estrugo Eckstein
„F steht für die Facts gleichbedeutend mit der Frage, welche Situation liegt vor und in welcher Lage befindet sich der Pilot“, erklärt Eckstein. „Die Optionen, die der Pilot hat, werden daraufhin bewertet, gefolgt von der Identifizierung von Risiken und Nutzen jeder einzelnen Handlungsoption, risk and benefits heißt bei uns diese Abwägung. Es folgt die Entscheidung (Decision) und die erneute Überprüfung der Fakten, ob die ausgewählte Handlungsoption voraussichtlich zum Ziel führt (Control / Check). Einzelne Aspekte dieser „Flight Safety Info“ der Piloten fand werden auch von Ärzten eingesetzt. Routinierte und trainierte Abläufe sind ein Garant um im Ernstfall adäquat agieren und in kürzester Zeit richtige Entscheidungen treffen zu können. Davon sind Testpilot Eckstein und Herzchirurg Beckmann gleichermaßen überzeugt.
Um überhaupt den Anforderungen eines Hochleistungs-Risiko-Berufes gewachsen zu sein, müssen Ärzte wie Piloten eine lange Ausbildungs- und Weiterbildungszeit absolvieren. Kommunikationsvermögen, Entscheidungskompetenz, Gelassenheit und psychische Stärke gehören zu den unbedingten Eigenschaften, die beiden Berufen wegen des hohen Leistungsdrucks gemein sind. „Zusätzlich brauchen Ärzte eine besondere Hilfsbereitschaft und selbstverständlich auch Empathie“, ergänzt Beckmann. Während bei Piloten die strikte Einhaltung von Ruhezeiten ebenso gilt wie die alljährliche Überprüfung der Flugtauglichkeit, entfallen bei Ärzten derartig regelmäßige Kontrollmechanismen. „Personalmangel im Nachwuchs- wie auch Facharztbereich in Kombination mit naturgemäß weniger attraktiven Dienstzeiten stellen für Ärzte einen besonderen Umstand dar. Mehr Sensibilität für mitarbeiterorientierte Rahmenbedingungen wäre auch in der Medizin empfehlenswert. Letztlich trägt dies dann auch zur allzeitigen Gewährleistung der Patientensicherheit bei“, betont Beckmann.
Überdurchschnittliche Softskills sind Voraussetzung
Beide Berufe vereint auch die Bereitschaft, lebenslang zu lernen. „Gerade die Herzmedizin hat sich in den letzten dreißig Jahren rasant und überaus innovativ entwickelt“, erklärt Beckmann. „Wir sind darauf ausgerichtet Innovation möglichst rasch und sicher in die Praxis einzuführen nachdem man sich mit den neuen Methoden angemessen vertraut gemacht hat. Die generelle Bereitschaft, offen gegenüber Weiter- oder Neu-Entwicklungen zu sein, erlaubt uns auch, erfolgreiche Systeme aus der Luftfahrt zu reflektieren und ggf. in modifizierter Form in die Medizin zu transferieren.“
Team works:
Oberstleutnant Thomas Leveling, Oberstleutnant Oliver Lenz, Oberstleutnant Rolf Estrugo Eckstein und Dr. Andreas Beckmann (v.l.n.r.)
17.02.2018: Wissenschaftliche Fachgesellschaft Deutscher Herzchirurgen verleiht Franz-Köhler-Preis für besondere Forschungsleistungen der Herzmedizin
Die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) verlieh im Rahmen der 47. Jahrestagung 2018 in Leipzig den Franz-Köhler-Preis, dotiert mit 7.500 Euro, für besondere Leistungen in der Forschung oder klinischen Praxis an Privatdozent Dr. med André Rüffer von der kinderherzchirurgischen Abteilung des Universitätsklinikums Erlangen.
Alljährlich würdigt die DGTHG die besonderen Leistungen von Ärzten und Wissenschaftlern mit renommierten Medizin- und Forschungspreisen, die im Rahmen der feierlichen Eröffnung der Jahrestagung durch den DGTHG-Präsidenten Privatdozent Dr. Wolfgang Harringer übergeben werden.
Die Forschungsreihe von PD Dr. med André Rüffer mit dem Titel „KinderherzchirurgischeAortenbogen-Operationen – mit Herz und Hirn“ befasst sich mit der myokardialen und zerebralen Protektion während kongenitaler Aortenbogeneingriffe. Tierexperimentell wurde die „Beating-Heart“-Methode während Aortenbogeneingriffen sowie eine modifizierte Form der Blutkardioplegie zur Korrektur intrakardialer Defekte validiert. Erstmalig wurde während der Korrektur von kongenitalen Aortenbogenfehlbildungen intraoperativ unter regionaler Perfusion ein transfontanellärer Ultraschall verwendet, wodurch eindrucksvoll Rückschlüsse auf die zerebrale Blutverteilung während der Aortenbogenchirurgie am Neugeborenen gezogen werden konnten.“
Privatdozent Dr. med André Rüffer
Kinderherzchirurgische Abteilung, Universitätsklinikum Erlangen
Bildquelle: Privatdozent Dr. med André Rüffer
17.02.2018: Wissenschaftliche Fachgesellschaft Deutscher Herzchirurgen verleiht Gefäßchirurgischen Forschungspreis für besondere wissenschaftliche Leistungen der Herzmedizin
Die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) verlieh im Rahmen der 47. Jahrestagung 2018 in Leipzig den Gefäßchirurgischen Forschungspreis, dotiert mit 5.000 Euro, an Dr. med. Jan-Philipp Minol von der Klinik für kardiovaskuläre Chirurgie der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf.
Alljährlich würdigt die DGTHG die besonderen Leistungen von Ärzten und Wissenschaftlern mit renommierten Medizin- und Forschungspreisen, die im Rahmen der feierlichen Eröffnung der Jahrestagung durch den DGTHG-Präsidenten Privatdozent Dr. Wolfgang Harringer übergeben werden.
In Dr. Minols Arbeit “Focal induction of ROS-release to trigger local vascular degeneration“ wurde ein Modell etabliert, in welchem reaktive Sauerstoffspezies (ROS) aus einer photodynamischen Reaktion isoliert an der Aorta zu einer fokalen Degeneration mit Aspekten im Sinne einer atherosklerotischen Läsion führten. Neben den klassischen Einflussfaktoren der Atherosklerose gelten ROS sowie der oxidative Stress zunehmend als eigenständiger Faktor. Bisherige Versuchsansätze hierzu sind systemischer Natur mit multifaktoriellem Einfluss. Dies erschwert die Analyse des Einflusses von oxidativem Stress als isolierter Faktor. Das vorgestellte Modell konnte wichtige Achsen des atherosklerotischen Remodellings als Folge der fokalen ROS-Applikation nachvollziehen.
Dr. med. Jan-Philipp Minol
Klinik für kardiovaskuläre Chirurgie, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Bildquelle: Dr. med. Jan-Philipp Minol
17.02.2018: Wissenschaftliche Fachgesellschaft Deutscher Herzchirurgen verleiht Hans Georg Borst-Preis für besondere Forschungsleistung der Herzmedizin
Die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) verlieh im Rahmen der 47. Jahrestagung 2018 in Leipzig den Hans Georg Borst-Preis, dotiert mit 1.000 Euro, an Dr. Andreas Oberbach (MPH) aus der Herzchirurgischen Klinik und Poliklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München, für seine Arbeit „Bacterial infiltration of structural heart valve disease“.
Alljährlich würdigt die DGTHG die besonderen Leistungen von Leistungen von Ärzten und Wissenschaftlern mit renommierten Medizin- und Forschungspreisen, die im Rahmen der feierlichen Eröffnung der Jahrestagung durch den DGTHG-Präsidenten Privatdozent Dr. Wolfgang Harringer übergeben werden.
17.02.2018: Wissenschaftliche Fachgesellschaft Deutscher Herzchirurgen verleiht St.-Jude-Medical-Preis für besondere Forschungsleistungen der Herzmedizin
Die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) verlieh im Rahmen der 47. Jahrestagung 2018 in Leipzig den St.-Jude-Preis, dotiert mit 5.000 Euro, an Rafal Gryszkiewicz von der Klinik für Thorax-, Herz und Gefäßchirurgie des Universitätsklinikums Tübingen.
Alljährlich würdigt die DGTHG die besonderen Leistungen von Ärzten und Wissenschaftlern mit renommierten Medizin- und Forschungspreisen, die im Rahmen der feierlichen Eröffnung der Jahrestagung durch den DGTHG-Präsidenten Privatdozent Dr. Wolfgang Harringer übergeben werden.
In seiner Arbeit „Kathetergestützter Trikuspidalklappenersatz mit einer innovativen klappentragenden Stent-Prothese“ konnte im Tiermodell am Schaf die Effektivität als auch die Machbarkeit der neuen Transkatheter-Trikuspidalklappen-Implantation (TTVI) mit einer klappentragenden Gefäßprothese demonstriert werden. Aufgrund der positiven und reproduzierbaren Erfahrungen werden die Ergebnisse als optimistisch angesehen, in naher Zukunft eine kathetergestützte Behandlungsmöglichkeit bei Hochrisikopatienten klinisch etablieren zu können, denn die konventionelle Herzklappenoperation bei einer schweren Trikuspidalklappeninsuffizienz ist mit einer hohen Krankenhaussterblichkeit verbunden. Bisher publizierte minimal-invasive Trikuspidalklappen-Ansätze weisen eine Reihe von Limitationen auf.
Rafal Gryszkiewicz
Klinik für Thorax-, Herz und Gefäßchirurgie
Universitätsklinikum Tübingen
Bildquelle: Rafal Gryszkiewicz
17.02.2018: Wissenschaftliche Fachgesellschaft Deutscher Herzchirurgen verleiht Ernst-Derra-Preis für besondere Forschungsleistungen der Herzmedizin
Die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) verlieh im Rahmen der 47. Jahrestagung 2018 in Leipzig den nach dem deutschen Herzchirurgen benannten und mit 7.500 Euro dotierten Ernst-Derra-Preis an Privatdozent Dr. med. habil. Hug Aubin von der Klinik für kardiovaskuläre Chirurgie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.
Alljährlich würdigt die DGTHG mit renommierten Medizin- und Forschungspreisen die besonderen Leistungen von Ärzten und Wissenschaftlern, die im Rahmen der feierlichen Eröffnung der Jahrestagung durch den DGTHG-Präsidenten Privatdozent Dr. Wolfgang Harringer übergeben werden.
Privatdozent Dr. Aubins Arbeit „Native Tissue-derived ECM Scaffolds for Cardiovascular Applications in Regenerative Medicine“ ist eine kumulative Habilitationsschrift, die sich mit dezellularisierten kardialen Matrix-Gerüsten als Grundlage für Anwendungen innerhalb der kardiovaskulären regenerativen Medizin befasst. Die durch diese Arbeiten gewonnenen Erkenntnisse adressieren einige der noch nicht gelösten wissenschaftlichen Fragestellungen im Bereich des kardiovaskulären Tissue Engineerings und könnten somit helfen, bestehende Therapielimitationen zu überwinden. Mit dieser Habilitationsschrift wurde der Preisträger im vergangenen Jahr von der Medizinischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf mit erst 32 Jahren habilitiert.
Privatdozent Dr. med. habil. Hug Aubin
Klinik für kardiovaskuläre Chirurgie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Bildquelle: Privatdozent Dr. med. habil. Hug Aubin
17.02.2018: Wissenschaftliche Fachgesellschaft Deutscher Herzchirurgen verleiht in Kooperation mit der Ulrich Karsten-Stiftung wissenschaftlichen Forschungspreis für Kardiovaskuläre Medizin
Gemeinsam mit der Ulrich Karsten-Stiftung verlieh die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) im Rahmen der 47. Jahrestagung 2018 in Leipzig den Forschungspreis für Kardiovaskuläre Medizin, dotiert mit 10.000 Euro, für hervorragende wissenschaftliche Leistungen mit zukunftsorientierter Forschungsintention an Privatdozent Dr. Bartosz Rylski, Universitäts-Herzzentrum Freiburg.
In der Arbeit „Acute non-A non-B aortic dissection: incidence, treatment and outcome“ wird über die Aortendissektion, die den Aortenbogen, aber nicht die Aorta ascendens betrifft, berichtet. Dies ist die erste Studie mit einer Patientenzahl, die es erlaubt, wichtige Aussagen zu diesem Thema zu treffen. Innerhalb der ersten zwei Wochen mussten 40% der Patienten aufgrund der Malperfusion oder Aortenruptur operiert werden. Die Ergebnisse zeigen, dass Patienten mit einer non-A non-B Aortendissektion, die konservativ behandelt werden sollten, nicht zu früh aus dem Krankenhaus entlassen werden dürfen. Innerhalb von zwei Jahren mussten alle Patienten mit non-A non-B Aortendissektion operiert werden. Das unterstreicht die Wichtigkeit der engmaschigen bildgebenden Kontrollen in dieser Patientengruppe.
Alljährlich würdigt die DGTHG die besonderen Leistungen von Ärzten und Wissenschaftlern mit renommierten Medizin- und Forschungspreisen, die im Rahmen der feierlichen Eröffnung der Jahrestagung durch den DGTHG-Präsidenten Privatdozent Dr. Wolfgang Harringer übergeben werden.
Privatdozent Dr. Bartosz Rylski
Universitäts-Herzzentrum Freiburg, Bad Krozingen am Standort Freiburg
Bildquelle: Privatdozent Dr. Bartosz Rylski
17.01.2018: Herzchirurgische Versorgung in Deutschland weiterhin auf hohem Qualitätsniveau
Die bundesweite herzchirurgische Versorgung zeigt unverändert ein hohes Qualitätsniveau. Das bestätigen die Zahlen, Daten und Fakten des neuen Deutschen Herzberichtes 2017, vorgestellt am 17. Januar 2018 in Berlin. Die rund 1.000 in Deutschland tätigen Herzchirurgen führten im Jahr 2016 insgesamt 184.789 Herzoperationen durch, wovon 12,4 Prozent der Patienten als Notfälle operiert werden mussten. Insbesondere der Anstieg des Lebensalters, sowie die mit höherem Lebensalter einhergehenden vielfältigen Begleiterkrankungen der herzchirurgischen Patienten, stellen die Herzchirurgen vor immer neue Herausforderungen, denen die Herzmediziner mit der Entwicklung innovativer Operationsverfahren und -techniken begegnen. „Die nachweisbare Verbesserung der Lebenserwartung wie auch der Lebensqualität steht neben der Patientensicherheit im herzchirurgischen Fokus“, erklärt Privatdozent Dr. Harringer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie. „Die flächendeckend herzchirurgische Vollversorgung ist mit den 78 etablierten herzchirurgischen Fachabteilungen bundesweit gesichert.“
Lebensalter der herzchirurgischen Patienten steigt; Prävalenz bei Männern höher
Trotz Anstieg des Lebensalters der herzchirurgischen Patienten, bleibt die Überlebensrate nahezu konstant bei ca. 97 Prozent. Aus der Gruppe der über 65-Jährigen kommt bundesweit der größte Teil der Herzpatienten. Im Jahr 2016 waren 37,1 Prozent der herzchirurgischen Patienten 70-79 Jahre alt und 15,7 Prozent 80 Jahre und älter. „Wir beobachten diesen kontinuierlichen Anstieg von Patienten höheren Alters bereits seit 1990“, so PD Dr. Harringer. „Unabhängig vom Alter ist bei den Herzpatienten generell festzustellen, dass die Prävalenz bei Männern höher ist als bei Frauen. Rund Zweidrittel aller herzchirurgischen Patienten sind Männer.“
Guidelines befürworten Herzteams und stärken Patientensicherheit
Als ein wesentlicher Faktor der Patientenversorgung in der Herzmedizin ist das Herz-Team-Konzept, welches in zahlreichen nationalen und internationalen Leitlinien explizit ausgewiesen wird. „Zur Realisierung der bestmöglichen Patientensicherheit und patientenindividuellen Empfehlungen geeigneter Therapieverfahren, ist die verbindlich strukturierte Zusammenarbeit im Herz-Team obligat“, erklärt PD Dr. Harringer.
Die stets aktualisierte Nationale Versorgungsrichtlinie „chronische Koronare Herzkrankheit“ (2016), die europäische „Guidelines on myocardial revascularisation“ von ESC und EACTS (2014) sowie die jüngst publizierte „ESC/EATCS Guidelines on the management of valvular heart disease“ (2017), empfehlen bzw. konkretisieren bei den verschiedentlichen Herzerkrankungen die Konsensfindung im interdisziplinären Herz-Team.
Marginaler Rückgang der Bypass-Operationen
Aus den zuvor genannten Leitlinien zur koronaren Herzkrankheit besteht bei einer koronaren 3-Gefäßerkrankung bzw. komplexen Verengungen der Herzkranzgefäße und/oder einer Verengung der großen Herzkrangefäße im Ursprungsteil, der sogenannten Hauptstammstenose, eine klare Indikation für die Koronar-Bypass-Operation. Im Jahr 2016 wurden bundesweit 50.114 isolierte und kombinierte Bypass-Operationen durchgeführt (2015: 51.941). „Für die Bypass-Operation gibt es prinzipiell kein Patienten-Höchstalter“, betont PD Dr. Harringer. „Abhängig vom Schweregrad und der Stenose-Lokalisation kann bei Patienten jeglichen Alters mit einer Bypass-Operation die Durchblutung des Herzmuskels wieder verbessert werden.“
Auch in dieser Gruppe von Patienten hat der Anteil der über 70-Jährigen über die vergangenen Jahre kontinuierlich zugenommen. Im vergangenen Jahr waren ca. 46,7 Prozent der Bypass-Patienten 70 Jahre und älter, wobei der Männeranteil mit 77 Prozent deutlich höher als der Frauenanteil (23 Prozent) war und somit nur jede vierte Bypass-Patientin weiblich war.
Das patientenindividuelle Versorgungskonzept der Bypass-Operation bei der Koronaren Herzkrankheit sollte stets gemäß aktuell geltender nationaler und internationaler Leitlinien im Herz-Team erörtert und abgestimmt werden, um dem Patienten eine konsentierte Empfehlung zu geben. Die allerhäufigste Ursache der KHK ist die Arterienverkalkung, die mit fortschreitendem Krankheitsverlauf zu gravierenden Gefäßverengungen bis hin zu Verschlüssen gehen kann, und dadurch zu einer Sauerstoff-Mangelversorgung des Herzens führt.
Herzklappenchirurgie zweithäufigster herzchirurgischer Eingriff
Nach der Koronar-Bypass-Chirurgie gehört insbesondere die Herzklappenchirurgie in Deutschland zu den häufigsten herzchirurgischen Eingriffen. Im Jahr 2016 erfolgten insgesamt 33.451 Eingriffe an Herzklappen, davon 65,4 Prozent unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine. Zu den häufigsten, oft altersbedingt auftretenden Herzklappenerkrankungen, die herzchirurgische Operationen erfordern, gehören die Aortenklappenstenose (Verengung der Aortenklappe) und die Mitralklappeninsuffizienz (Undichtigkeit der Mitralklappe). Die Anzahl der konventionellen Aortenklappen-Operationen fiel von 11.183 im Jahr 2015 auf 10.879 Eingriffe im Jahr 2016. Bei Notwendigkeit eines Aortenklappenersatzes wurden in 89 Prozent der Fälle biologische Prothesen implantiert. Bei den isolierten Mitralklappen-Operationen wurde mit 6.217 isolierten Mitralklappen-Operationen (2015: 6.027) auch im Jahr 2016 möglichst der kurative Ansatz fortgesetzt: Die patienteneigene Mitralklappe konnte bei ca. zwei Drittel (62,9 Prozent) aller Operationen rekonstruiert und in ihrer Funktion wiederhergestellt werden. In 37,1 Prozent war häufig aus patientenindividuellen Gründen der Einsatz einer biologischen oder mechanischen Mitralklappen-Prothese notwendig.
Für bestimmte Hochrisiko- und multimorbide Patienten mit komplexen Begleiterkrankungen können minimalinvasive kathetergestützte Techniken (TAVI und Mitral Clip) eine schonende Alternative zu den konventionellen Operationen sein. Die Zahl der kathetergestützten Aortenklappenimplantationen (TAVI), die zwingend von einem interdisziplinären Herz-Team durchzuführen sind, überstiegen im Jahr 2016 mit 17.097 Interventionen deutlich die Anzahl konventioneller Aortenklappenoperationen (10.961 Eingriffe).Die kathetergestützte Aortenklappenimplantation und die transvenöse Clip-Rekonstruktion der Mitralklappe unterliegen in Deutschland durch die „Richtlinie minimalinvasive Herzklappeninterventionen“ des Gemeinsamen Bundesausschusses besonderen obligaten Personal-, Prozess- und Infrastruktur-Vorgaben. Hierzu zählt auch die interdisziplinäre Konsensfindung im Herz-Team.
Organtransplantation: Weiterhin zu wenig Spender für Herz und Lunge
50 Jahre nach der ersten Herztransplantation zeichnet sich auch weiterhin ein gravierender Mangel an Spenderherzen und Spenderlungen ab. „Auch wenn im Vergleich zum Jahr 2015 ein Unterschied von 11 Herztransplantationen auf insgesamt 297 (Rekordtiefjahr 2015: 286) zu verzeichnen ist, so kann dies bei weitem nicht den seit Jahren bestehenden Mangel an Spenderherzen decken“, erklärt PD Dr. Harringer. „Bereits seit 10 Jahren liegt die jährliche Zahl der in Deutschland durchgeführten Herztransplantationen unter 400.“
Primär benötigen schwer herzkranke Patienten in der Altersgruppe von 50 bis 59 Jahren ein neues funktionsfähiges Organ, gefolgt von den 60-69-Jährigen. Männer sind ca. drei Mal häufiger betroffen als Frauen. „Die 3-Jahres-Überlebens-Chance nach einer Transplantation liegt bei ca. 70 Prozent“, erklärt PD Dr. Harringer. „Nach wie vor gibt es trotz innovativen und technologischen Entwicklungen bis heute keinen adäquaten Ersatz für das menschliche Herz.“
Zur Überbrückung der monate- oder gar jahrelangen Wartezeit auf ein geeignetes Spenderorgan oder für bestimmte Patienten auch als dauerhafte Alternative, können sogenannte mechanische Herzunterstützungssysteme implantiert werden, die das schwache Herzen unterstützen, indem sie das Blut durch den Körper pumpen, um damit der Kreislauf des Patienten aufrecht zu erhalten. Da bei vielen dieser terminal herzkranken Patienten Herzunterstützungssysteme zum Einsatz kommen, stieg erneut im Jahr 2016 die Anzahl implantierter Herzunterstützungssysteme in der Summe auf insgesamt 1.202 (2015: 947) an; 20 implantierte sogenannte Kunstherzen eingerechnet. „Organtransplantationen retten Leben. Patienten, die auf ein Spenderherz warten, sind stets lebensbedrohlich erkrankt und schwerst-herzkrank. Daher richten auch wir Herzchirurgen einen dringenden Appell und unsere Bitte an die Bevölkerung, die Organspende u.a. durch Spendebereitschaft zu unterstützen“, betont PD Dr. Harringer.
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Die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie e.V. (DGTHG) mit Sitz in Berlin ist eine gemeinnützige medizinische Fachgesellschaft, deren Ziele u.a. der Förderung der Wissenschaft und Weiterentwicklung von Therapien auf dem Gebiet der Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie sind. Zu den weiteren Hauptaufgaben zählen die Durchführung von Weiter- und Fortbildungsprogrammen, Erstellung medizinischer Leitlinien, Förderung von Nachwuchskräften und die Ausrichtung medizinischer Fachtagungen. Als Vertretung der über 1.000 in Deutschland tätigen und in der DGTHG organisierten Thorax-, Herz- und Kardiovaskularchirurgen stehen die Verantwortlichen der Fachgesellschaft für einen Dialog mit der Öffentlichkeit, Politik und Wirtschaft zur Verfügung.
Weitere Informationen unter www.dgthg.de und unter
Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG)